Ekkehard Bartsch

Für Claus Roxin zum 80. Geburtstag

Karl May bedankt sich bei Claus Roxin

Karl May bedankt sich bei Claus Roxin.
Öl auf Hartfaserplatte im Stil der zeitgenössischen Münchmeyer-Romane
(60 x 42cm) 2011
Maler: Torsten Hermann

Der oberste Häuptling vom Indianerstamm der Schoschonen, Avaht-Niah – zu deutsch „Großer Name“ –, hat zwar in Karl Mays Reiseerzählung „Weihnacht!“ das achtzigste Lebensjahr bereits überschritten, doch der Mann, der innerhalb der Karl-May-Gesellschaft und der Karl-May-Stiftung diesen Ehrennamen ohne Zweifel auch verdient, hat den 80. Geburtstag soeben am 15. Mai 2011 erreicht: Claus Roxin. Eine Würdigung des Schaffens dieses Mannes, der sich seit über fünfundvierzig Jahren als Professor für Strafrecht, Strafprozeßrecht und allgemeine Rechtslehre einen Namen gemacht hat, der seit über vierzig Jahren die literarische und biographische Karl-May-Forschung entscheidend mit geprägt und begleitet hat, würde eine Wiederholung dessen bedeuten, was in zahlreichen Publikationen bereits nachzulesen ist. Hier auf der Internet-Seite www.claus-roxin.de finden sich neben dem Lebenslauf und den zahlreichen öffentlichen und akademischen Ehrungen Roxins auch aus der Feder von Erich Heinemann sehr persönlich gehaltene Worte zu seinem 70. Geburtstag, sowie aus der Feder von Hermann Wohlgschaft ein Artikel zum 75. Geburtstag, der vor allem den bedeutenden literarischen Arbeiten Claus Roxins innerhalb der Karl-May-Gesellschaft gewidmet ist. Und im “Gästebuch“ dieser Internet-Seite finden sich weit über hundert Einträge aus aller Welt und in den verschiedensten Sprachen, die besonders das im buchstäblichen Sinne weltumspannende Wirken des Strafrechts-Professors spiegeln und würdigen.

Nach all den von wesentlich kompetenterer Seite verfassten Ehrungen will ich zu dem 'runden' Geburtstag vor allem einiges an persönlichen Erinnerungen beisteuern. Meine erste Begegnung mit dem Namen Claus Roxin – in Zusammenhang mit Karl May – war im Oktober 1968. Damals brachte Alfred Schneider in den intern erschienenen, über Wachsmatritze vervielfältigten „Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Karl-May-Biographie“ (Nr. 21, S. 2-4) Auszüge aus einem umfangreichen Brief von Professor Dr. Claus Roxin, Göttingen, in denen dieser Stellung nahm zu einigen der damals heftig diskutierten Fragen rund um Karl May (vor allem zu dem umstrittenen „Sitara“-Buch von Arno Schmidt). Damals meinte Roxin: „Ich bin noch nicht so alt, daß ich nicht hoffen dürfte, für meinen alten Freund K. M. auch noch einmal etwas tun zu können …“. Damals hätte er sich sicherlich nicht träumen lassen, in welchem Umfang dieses Versprechen in den folgenden Jahrzehnten sein Leben und Schaffen prägen würde. Denn fünf Monate später lud Alfred Schneider zur Gründungsversammlung der Karl-May-Gesellschaft in Hannover am 22. März 1969 auch den Göttinger Professor ein. Dieser wurde einstimmig zum stellvertretenden Vorsitzenden und später, nach dem vorzeitigen Ausscheiden des Vorsitzenden Bernhard Scheer (im August 1970), zu dessen Nachfolger gewählt. Und dieses Amt des Vorsitzenden der Karl-May-Gesellschaft hatte Claus Roxin dann fast dreißig Jahre, bis zur Mitgliederversammlung im Herbst 1999 in Hohenstein-Ernstthal, inne. Seither ist er ihr Ehrenvorsitzender.

Erich Heinemann hat in seinen – auch heute noch sehr lesenswerten – Erinnerungsbüchern „Eine Gesellschaft für Karl May“ (Husum 1994) und „Dreißig Jahre Karl-May-Gesellschaft“ (Husum 1999) umfassend geschildert und dokumentiert, welche Höhen und Tiefen in diesen Jahrzehnten zu überwinden waren und wie Claus Roxin in seiner ausgleichenden Art es verstanden hat, einen Verein mit so vielen widersprüchlichen Charakteren zusammenzuhalten. Ohne ihn wäre der Karl-May-Gesellschaft mit Sicherheit das Schicksal all der meist sehr kurzlebigen Karl-May-Vereinigungen und Gruppen der Vergangenheit beschieden gewesen. Unvergessen sind seine Rechenschaftsberichte bei den alle zwei Jahre stattfindenden Mitgliederversammlungen. Was bei anderen Vereinen zu einem langweiligen Pflichtprogramm mit ödem Zahlenwerk gehört, wurde in seinen Darlegungen mit Leben erfüllt und erntete immer wieder spontanen Beifall der Zuhörer. Und ebenso faszinierend wie das gesprochene Wort ist die Lektüre von Roxins schriftlichen Ausführungen, von kleinen Aufsätzen in den „Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft“ bis zu den umfassenden Untersuchungen in den Jahrbüchern oder anderen Sammelwerken (von den ungezählten persönlichen Briefen ganz zu schweigen). Einer der Texte wurde auf Wunsch des Karl-May-Verlags sogar seit 1992 in den Anhang des Biographie-Bandes „Ich“ aufgenommen: „Karl May, das Strafrecht und die Literatur“ – ein Thema, zu dem der Jurist Roxin natürlich besonders kompetent Stellung nehmen konnte.

Auch nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Vorstand der Karl-May-Gesellschaft blieb Claus Roxin tätig in Sachen Karl May. Am 3. Dezember 2000 wurde er zum Präsidenten des Kuratoriums der Karl-May-Stiftung in Radebeul gewählt, ein Amt, das er bis heute innehat und in dem er es immer wieder versteht, mit schwierigen Situationen fertig zu werden.

Um auf die persönlichen Erinnerungen zurückzukommen: Unvergessen ist für mich der erste Besuch im gastlichen Hause Roxin im Sommer 1969. Auf der Heimreise von Bamberg zu meinen Eltern in Wilhelmshaven machte ich Station in Göttingen. Dass ein Ordinarius der Universität Göttingen den jungen für Karl May begeisterten Buchhändler persönlich vom Bahnhof abholt und zu sich nach Hause einlädt, hat mich damals unheimlich beeindruckt, ebenso wie die „auf Augenhöhe“ geführten Gespräche über Karl May. Diesem ersten Besuch schlossen sich noch weitere an – mehrfach zusammen mit Hans Wollschläger –, in Göttingen und dann ab 1971 in der neuen Wirkungsstätte in Stockdorf bei München.

Lieber Freund Roxin, so darf ich Sie seit über vierzig Jahren in unserer Korrespondenz anreden, ich kann heute nur wiederholen, was ich bereits vor genau zehn Jahren in meinem Internet-Gästebucheintrag (wo es, wie ich gesehen habe, immer noch zu lesen ist) geschrieben habe. Ich bin dankbar für die lange Zeit gemeinsamer Arbeit im Rahmen der Karl-May-Gesellschaft. Viel habe ich von Ihnen gelernt in all den Jahren und oft von Ihrem Rat und Ihren Anregungen profitiert. Auch hierfür meinen herzlichen Dank! Weiterhin wünsche ich Freude an den vielen Dingen, die das Leben schön und lebenswert machen, an der Familie, an Reisen, an Büchern und am eigenen Schreiben, nicht zuletzt an der Beschäftigung mit Karl May und allem, was sich Faszinierendes um sein Leben und Werk rankt. 


Hermann Wohlgschaft zum 75. Geburtstag von Claus Roxin

Erich Heinemann zum 70. Geburtstag von Claus Roxin